Abschlussprüfungen sicher vorbereiten und bestehen

Jedes Jahr bereiten sich tausende Prüflinge auf ihre Abschlussprüfungen in Aus- und Weiterbildung vor. Allein die Industrie- und Handelskammer prüft in über 250 Berufen jährlich mehr als 300.000 Absolventinnen und Absolventen in schriftlichen und mündlichen Prüfungen. Es gibt eine Vielzahl von Lernstrategien und Tipps, mit denen Prüflinge in der Vorbereitung auf die Prüfung unterstützt werden können. Je besser Prüfungsteilnehmer/-innen vorbereitet sind, umso entspannter sind die Prüfungen zu bewältigen.

Vor der Prüfung

Besonders in Ausbildungsberufen im dualen System, steht den Auszubildenden für die Prüfungsvorbereitung nicht viel Zeit zur Verfügung. Am Ende ihrer Ausbildung sind die Auszubildenden häufig bereits in den Arbeitsprozess ihrer Ausbildungsbetriebe derart integriert, dass die Prüfungsvorbereitung „nebenbei“ erledigt werden muss. Umso bedeutsamer sind Lernstrategien.

Ressourcenorientierte Strategien

Das Lernumfeld

Was für Vollzeitschüler/-innen und Studierende üblich ist, kann für Auszubildende eine Herausforderung sein. Denn längst ist das Vorhandensein eines angemessenen Lernplatzes zu Hause, z.B. ein Schreibtisch keine Selbstverständlichkeit.

Ein abgegrenzter und heller Arbeitsplatz, an dem man ungestört lernen kann, ist für konzentriertes Lernen unerlässlich. Die unmittelbaren Aktivitäten der Familie oder Mitbewohner/-innen sind ebenso ablenkend, wie Videos, Serien, Musik und Smartphone, die doch „nur“ im Hintergrund laufen. Zu Lernzeiten sollte dies tabu sein und eher motivational der „Belohnung“ nach erfolgreichen Lernetappen dienen. Sofern im eigenen häuslichen Bereich kein angemessener Lernplatz zur Verfügung steht, finden Auszubildende diesen in den Lesesälen der Universitäten, Hochschulen, öffentlichen Bibliotheken oder Lernräumen der beruflichen Schulen. Oftmals fehlt es am Bewusstsein, dass hier für jedermann ungestörtes Arbeiten möglich ist.


Die Lerndauer

Das Lernumfeld hat neben der Förderung der Konzentration auch einen motivationalen Effekt: Die Aufenthaltsdauer an diesem Platz entspricht der Lerndauer je
Lerneinheit. Beginn und Ende der Lernzeit je Lerneinheit wird dort vom Lernenden eingehalten, entweder als Selbstverpflichtung oder bedingt durch die möglichen
Aufenthaltszeiten im öffentlichen Raum. Wird der Lernort verlassen ist auch das Lernen beendet oder pausiert.

Was vielen Prüflingen nicht klar ist: langes Lernen am Stück führt nicht zu adäquat hohem Lernerfolg. Deshalb ist es für jeden Lernenden wichtig Pausen einzuplanen und diese tatsächlich physisch (mit Bewegung an einem anderen Platz) und psychisch (mit Entspannung und Ablenkung) zu nutzen. Dabei ist das Wissen um die generell begrenzte Aufnahmekapazität jedes Lernenden sowie eine realistische Einschätzung der individuellen Lernfähigkeit hilfreich. Wie viel Zeit zur Prüfungsvorbereitung insgesamt benötigt wird, hängt neben der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit des Lernenden vom Umfang und Schwierigkeitsgrad des Lernstoffes ab.
Die Lernanforderungen

Zunächst sollten die Prüfungsanforderungen klar sein: Was wird wie, wann und wo geprüft?

Den Prüflingen stehen zur Vorbereitung der Prüfungsinhalte unterschiedliche Lernmaterialien zur Verfügung: Neben Aufzeichnungen aus der besuchten Bildungseinrichtung sind dies Lernvideos verschiedener Plattformen, Fachbücher, selbst zusammengestellte Internetinformationen und Prüfungsvorbereitungsmedien. Wie wichtig die gründliche Information zu den aktuellen Prüfungsinhalten ist, wird oft von Prüflingen vernachlässigt. Für kaufmännische Abschlussprüfungen jedes kaufmännischen Ausbildungsberufes gibt ein AKA-Plan von der zentralen Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen der IHK detailliert Aufschluss über die Prüfungsinhalte. Natürlich ist es nicht jedem Prüfling möglich, sich hiermit zu beschäftigen. Doch sollte bei der Auswahl des Prüfungsvorbereitungsmediums auf die Zusicherung geachtet werden, dass sich die Prüfungsvorbereitung sowohl hinsichtlich der Prüfungsformate je Prüfungsbereich wie auch bezüglich der Prüfungsinhalte konsequent an dem ausbildungsberufsentsprechenden AKA-Plan ausrichtet. Dies ist in der Reihe „Sicher vorbereiten und bestehen“ zur Prüfungsvorbereitung für kaufmännische Ausbildungsberufe der Fall. Schließlich führt das Lernen nur anhand zutreffender Inhalte zum Erfolg.
Lernplan erstellen

Sind die Inhalte klar und die Prüfungsvorbereitungsmedien gewählt, sollte ein Lernplan erstellt werden. Wie detailliert Lerninhalte Tagen oder Kalenderwochen zugeordnet sind, ist von der individuellen Situation abhängig. Wichtig ist jedoch, dass ausreichend Puffer für unvorhergesehene Zeitverlust vorgesehen sind. Außerdem sollten sich die Lerninhalte hinsichtlich der Vorlieben und der Ansprüche des Lernenden anpassen. Dies meint eine Abwechslung der Kognitiven Strategien zur Aufrechterhaltung der Lernmotivation.
Kognitive Strategien und Wiederholungsstrategien

Wiederholungsstrategien haben große Bedeutung, wenn viele Fakten auswendig gelernt werden müssen. Nur so kann Gelerntes dauerhaft interniert werden.

Organisationsstrategien

Zur Organisationsstrategie gehört Strukturieren, Kürzen und Darstellen der Lerninhalte, was gleichzeitig zur intensiven Auseinandersetzung und Wiederholung mit den Lerninhalten führt. Effektiv sind Zusammenfassungen als Mindmaps, Sketchnotes oder Schaubilder für visuell orientierte Lerntypen. Arbeitet man in Lerngruppen, haben arbeitsteilig erstellte Erklärvideos, z.B. mithilfe des Videomakers „Mysimpleshow“ großen Wert. Für auditive Lerntypen bewährt sich das Aufsagen und Hören selbst gelesener Audiodateien, ebenso wie der verbale Austausch in der Lerngruppe. Der kognitiv-intellektuelle Typ bevorzugt Lernen durch Lesen, Schreiben und Denken. Für diesen Typ ist das Repetieren mit Karteikarten ideal. Der Lernstoff festigt und sichert Wissen, indem Karteikarten-Freeware mit automatischer Wiedervorlage mit Lerninhalten gefüllt und genutzt wird. Selbstverständlich stehen die herkömmlichen Papierkarteikarten dem in nichts nach, sofern die Wiedervorlage von nicht sicherem Wissen konsequent betrieben wird.

Elaborationsstrategien

Mit Elaborationsstrategien werden die Lerninhalte vertieft und miteinander verknüpft, wenn z.B. mehrere Lernmaterialien (Bücher, Filme, Websites) genutzt werden, gewisse Begriffe oder Sachverhalte zusätzlich eigenständig recherchiert oder das Gelernte auf den beruflichen Alltag übertragen werden. Es ist ebenfalls hilfreich, sich eigene Beispiele oder Fragen zu den Lernmedien auszudenken.

Metakognitive Strategien

Das Planen, Überwachen, Verbessern und Bewerten des eigenen Lernprozesses gelingt am besten im Lerngruppensetting. Die Steuerung und Kontrolle der eigenen Lernprozesse setzen viel Disziplin und Reflexion voraus. Hier schließt sich der Kreis zur Ressourcenorientierung. Auch Rückschläge im Lernverhalten, selbstkonzeptionelle Zweifel und auch Prüfungsbesorgnis bis -angst müssen bewältigt werden. Dies kann anhand der ressourcenorientierten Strategien gelingen.


In der Prüfung!

In der Prüfung trägt nicht nur das fachliche Wissen zum Gelingen der Prüfung bei. Einige Lösungsstrategien können – unabhängig von fachlichen Ergebnissen – die Note verbessern und das Bestehen erleichtern.

Es macht Sinn, sich die Zeit zu nehmen, sich einen Überblick über die Aufgaben zu verschaffen, diese quer zu lesen und in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Aufgaben, die vermutlich leichtfallen, sollten zuerst bearbeitet werden, um „Punkte zu sammeln“ und mit einem Erfolgsgefühl weiterzumachen. Durch den Einsatz von Textmarkern können wichtige Informationen in Aufgaben nochmals hervorgehoben werden. Die zu erreichenden Punkte sind eine gute Einschätzung für den Umfang der erwarteten Antworten. Ein sauberes Schriftbild suggeriert sicheres Wissen, beugt Missverständnissen vor und erleichtert den Korrigierenden die Arbeit. Letztendlich müssen die Aufgabenstellungen beachtet werden, um die volle Punktzahl zu erreichen:
Es gibt also vielfältige Möglichkeiten, ein Prüfungsergebnis positiv zu beeinflussen. Diese müssen nur genutzt werden!

Ihre Autorinnen

StDin Sabine Dietlmeier ist an der Beruflichen Schule 6 in Nürnberg tätig und ist Mitarbeiterin der Schulleitung für Schulentwicklung, Qualitätsmanagement und Beratung.

StDin Manuela Schmidt ist an der Berufsbildenden Schule 1 in Celle tätig und ist stellvertretende Schulleiterin.

Sie sind Autorinnen und Konzeptinhaberinnen der Reihe „Sicher vorbereiten und bestehen“.