Grundlagen

Unternehmer/Manager gestalten die Zukunft ihrer Unternehmen mit Hilfe von Informationssystemen, in denen Kennzahlen eine bedeutsame Rolle spielen. Hierbei können sie auf traditionelle Informationssysteme, wie z. B. das Du-Pont-Kennzahlensystem, oder auf modernere Informationssysteme, wie z. B. die Balanced Scorecard, zurückgreifen.

Traditionelle Informationssysteme

Traditionelle Informationssysteme beruhen einseitig auf erfolgsorientierten finanzwirtschaftlichen Messgrößen, die aus vergangenen Abrechnungsperioden stammen (Beispiele: Gewinn, Cash-Flow, Rentabilität, Liquidität). Vor allem die einseitige Ausrichtung auf finanzwirtschaftliche Kennzahlen macht ein solches Kennzahlensystem für zukunfts- und zielorientierte Informationen auf breiter Basis nur bedingt brauchbar.

Neuere Informations- und Steuerungssysteme

Neuere Informations- und Steuerungssysteme – wie die von Robert S. Kaplan und David P. Norton bereits 1992 entwickelte Balanced Scorecard (übersetzt: ausgewogener Berichtsbogen) – verbreitern die Informationsbasis auf alle wichtigen Unternehmensbereiche (= kritische Erfolgsfaktoren) und gründen sich auf strategische und operationale Ziele. Kaplan/Norton halten zwar an der Bedeutung finanzwirtschaftlicher Kennzahlen fest, erweitern aber den Blick auf „weiche“ Kennzahlen, die aus den vielfältigen Prozessen und Kontakten stammen, die ein Unternehmen unterhält.

Das Grundmodell

Das Grundmodell1 nach Kaplan/Norton enthalt neben der finanzwirtschaftlichen Perspektive drei weitere: die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive sowie die Lern- und Entwicklungsperspektive.

Balanced Scorecard Grundmodell

Balanced Scorecard Perspektiven und Erläuterungen

Im Zentrum des Modells stehen die Leitziele und die Strategie des Unternehmens. Auf dieser Basis werden für jede Perspektive konkrete Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen abgeleitet, wobei darauf zu achten ist, dass die einzelnen Perspektiven aufeinander bezogen bleiben und die Finanz- und Leistungsziele ausgewogen und erreichbar formuliert werden.

Leitziele/Strategien

Das folgende Schaubild verdeutlicht, mit welchen Fragen/Überlegungen Leitziele, Leitbilder und Leitkennzahlen formuliert werden können:

Balanced Scorecard_Leitziele und Strategien

So konnte z. B. aus der obigen Leitzielfrage: „Was halt das Unternehmen am Markt?“ und aus der Überlegung heraus, dass die Kundenbindung heute zum kritischen Faktor in der Unternehmensstrategie geworden ist, das Leitziel formuliert werden:

Das Unternehmen achtet darauf, dass die bisherigen Kunden zufrieden sind und neue Kunden gewonnen werden.

Ein solches aus der Kundenperspektive formuliertes Ziel wird sich gut mit den übrigen Perspektiven verzahnen lassen:
  • Finanzperspektive: Zufriedene Kunden fuhren zu höherem Umsatz und damit zu höherem Gewinn, der dann auch die Shareholder2 zufrieden stellt.
  • Prozessperspektive: Nur qualitativ gute Produkte/Dienstleistungen fuhren zu zufriedenen Kunden; also sind effektive Prozesse die Voraussetzung zur Erreichung des Leitziels.
  • Mitarbeiterperspektive: Nur motivierte, in die Prozesse eingebundene und gut geschulte Mitarbeiter(innen) werden im Sinne des Leitziels gute Arbeit leisten und gut mit Kunden umgehen.
Aus dem Leitziel wird das Leitbild deutlich: Das Unternehmen will als kundenfreundlich gesehen werden. Zugleich will es die Shareholder3 zufrieden stellen. Als Leitkennzahlen eines solchen Leitbildes können die Zahl der Neukunden, das absolute Umsatzwachstum, die Anzahl der Reklamationen sowie der Krankenstand der Mitarbeiter herangezogen werden. Das folgende Schaubild verdeutlicht, mit welchen Fragen/Überlegungen Leitziele, Leitbilder und Leitkennzahlen formuliert werden können:

Ziele, Kennzahlen und Vorgaben der einzelnen Perspektiven

Mit der Formulierung des Leitziels und dessen Auswirkungen auf die einzelnen Perspektiven ist bereits die Konkretisierung auf der nächsten Ebene mitgedacht worden.

Die angegebenen Ziele, Kennzahlen und Vorgaben sind nicht abschließend formuliert. Sie sind als Anregung gedacht. Dem jeweiligen Leitziel sind die Ziele, Kennzahlen und Vorgaben anzupassen (ggf. zu erweitern). Hinzu kommt, dass die vier Perspektiven immer in einem Ursache-Wirkungs-Verhältnis stehen.
Es ist also darauf zu achten, dass sich einzelne Ziele nicht widersprechen.

Erst durch die Passung und Verknüpfung eröffnen sich dem Management die Zusammenhänge, und es kann nach Gründen und Ursachen geforscht sowie nach Maßnahmen zur Abhilfe gesucht werden.

Beispiel:

Balanced Scorecard_Perspektiven
Balanced Scorecard_Perspektiven

Umsetzung

Der Erfolg einer Balanced Scorecard hängt entscheidend davon ab, wie Strategien und Ziele kommuniziert werden: Die betroffenen Mitarbeiter(innen) und ggf. der Betriebsrat sind schon bei der Formulierung der Ziele und Vorgaben einzubeziehen. Nur so schafft die Scorecard Transparenz und Akzeptanz. Nur so werden unrealistische Ziele und ungeeignete Kennzahlen vermieden. Nur so hilft sie allen Beteiligten bei der Umsetzung. Andernfalls besteht die Gefahr des Widerstands und der Ablehnung, da „man sich in seinen Leistungen kontrolliert fühlt“. Für die Führungsebenen bedeutet die Einführung der Scorecard einen Wechsel zum kooperativen Führungsstil und die Bereitschaft zu Veränderungen (einschließlich der Abgabe von Macht). Die Balanced Scorecard umzusetzen bedeutet auch, sie als Grundlage für regelmäßige Berichte durch den Controller zu verwenden. Nur so erfüllt sie ihren Zweck, Führungs- und Steuerungsinstrument zu sein.

Im folgenden Beispiel werden aus der vorhergehenden Übersicht nur die wichtigsten und passenden Ziele, Kennzahlen und Vorgaben in den Bericht übernommen. So soll erreicht werden, dass der Bericht übersichtlich und aussagefähig bleibt.

Beispiel:

Balanced Scorecard Bericht und Perspektiven

In den Auswertungen sind diejenigen Abweichungen zu hinterfragen, die mehr als 10 % ausmachen. Insbesondere ist auf die negativen Abweichungen zu achten. Außerdem ist bedeutsam, dass die verschiedenen Perspektiven im Gesamtbild gesehen werden:

So ist zwar die Umsatzsteigerung um 40 % höher ausgefallen als geplant, zugleich haben aber die Qualität nachgelassen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter(innen) deutlich abgenommen. Auch neue Kunden konnten nicht in der geplanten Höhe dazu gewonnen werden. Offensichtlich ist die Umsatzsteigerung mit einer überproportionalen Kostenzunahme „erkauft“ worden. Die Umsatzzunahme hat auch nicht zu einer Erhöhung des Marktanteils geführt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Mitbewerber ebenfalls mit höheren Umsätzen „punkten“ konnten. Dem Controller obliegt es, hier die Bezüge herzustellen und Konsequenzen vorzuschlagen.


1Grundmodell der Balanced Scorecard nach Kaplan, Robert S./Norton David P.: Balanced Scorecard, Stuttgart 1997

2 Stakeholder (= Anspruchsgruppen) sind alle Personen, Gruppen, Institutionen, die ein Interesse am Unternehmen haben oder von den Aktivitäten des Unternehmens direkt oder indirekt betroffen sind.

3 Shareholder sind die Eigentümer/Anteilseigner (Investoren) des Unternehmens. Sie nehmen insbesondere bei Kapitalgesellschaften Einfluss auf die Unternehmensziele.
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