Silke Hubrig: >>Sommer und Hitze richtig genießen - Kindern den gesunden Umgang mit Sonne Nahe bringen<< (Juni 2022)

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Die Sommerzeit in der Kita ist eine besonders schöne Zeit, denn der Sommer bietet Kindern und Fachkräften viele Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten, die ihnen in kälteren Jahreszeiten verwehrt bleiben. Das Außengelände wird zu einem zusätzlichen Raum der Kita, auf dem sich mehr abspielt als sonst. Die Kinder dürfen leicht bekleidet und teilweise auch barfuß spielen. Sie machen viele Wahrnehmungs- und Naturerfahrungen, denn das Leben spielt sich draußen ab. Die Schattenseite der schönen Sommerzeit ist allerdings eine hohe Sonnenlichtbestrahlung und auch die Hitze, die für Kinder gesundheitsschädlich werden kann. Im Rahmen von Gesundheitserziehung sollte den Kindern deshalb ein bewusster Umgang mit Sonne und Hitze nahe gebracht werden.

Zu viel Sonne kann den Körper schädigen
Sonnenstrahlung hat positive Effekte für den Menschen. So sind sehr viele Menschen an Tagen, an denen die Sonne viel scheint, guter Stimmung. Das Aufhalten im Freien bei Sonnenschein stärkt den Organismus und kurbelt die Vitamin D – Produktion im Körper an. Allerdings birgt (v.a. eine intensive) Sonnenlichtbestrahlung auch gesundheitliche Risiken. Sie kann die Haut und auch die Augen schädigen, z.B. in Form von Sonnenbrand, Sonnenallergie oder Hornhautentzündung im Auge. Je höher die UV-Belastung durch Sonne ist, desto mehr Schäden entstehen. Diese Schädigungen können nachhaltig sein. So können etwa im späteren Alter chronische Augen- und Hautschäden entstehen. Kinder, die schwere Sonnenbrände bekommen, haben ein 2 – 3 mal erhöhtes Risiko zu einem späteren Zeitpunkt an schwarzem Hautkrebs zu erkranken (vgl. Sonnenschutz für Kinder im Kindergarten Handreichung für Erzieher/innen (bfs.de)). Kinderhaut ist sehr viel empfindlicher als die Haut von Erwachsenen und benötigt daher ein hohes Maß an Schutz.

Sonnencreme und die richtige Kleidung
Um gesundheitsbewusst mit der Sommersonne umgehen zu können, müssen Kinder einen adäquaten Umgang mit Sonneneinstrahlung erlernen. Das bedeutet konkret, dass sich Kinder luftig kleiden sollten und dass die Haut, die nicht von der Kleidung abgedeckt ist, mit Sonnencreme eingerieben werden muss. Der Kopf muss vor zu intensiver Sonnenbestrahlung durch eine Kopfbedeckung geschützt werden. Kinder sollten den Sinn dieser drei Maßnahmen wissen und diese gesundheitserhaltenden Handlungen sollten attraktiv gestaltet sein. Möglich ist es beispielsweise, dass jedes Kind ein weißes Sonnencappy bekommt, welches es mit Stoffmalfarbe verzieren darf. Das Cappy sollte nicht mit nach Hause genommen werden, sondern während der Sommermonate einen festen Platz beim Garderobenhaken des Kindes haben. Die Maßnahmen „luftige Kleidung“ und „Sonnencreme“ braucht Unterstützung der Eltern. So sollte jedes Kind luftige Kleidung als Wechselkleidung während des Sommers in der Kita haben. Aus organisatorischen Gründen kann es bei Personalmangel sinnvoll sein, wenn Kinder sich mit Hilfe ihrer Eltern schon morgens mit Sonnencreme eincremen. Dann muss das Kind in der Kita lediglich mit der Fachkraft nachcremen. Hier ist zu beachten, dass es Kinder gibt, die allergisch auf bestimmte Sonnencremes reagieren. Die Kinder sollten deshalb ihre eigene Creme mit Namen versehen in der Kita haben. Zudem müssen die Eltern schriftlich einwilligen, dass pädagogische Fachkräfte ihr Kind eincremen dürfen.

Lust statt Frust mit dem Eincremen
Das Eincremen bedeutet, dem eigenen Körper etwas Gutes zu tun, ihn vor zu viel Sonnenstrahlung zu schützen – und damit Verantwortung für den eigenen Körper, bzw. die eigene Gesundheit zu übernehmen. Diese Haltung sollten die Kinder realisieren und spüren. „weil zu viel Sonne ungesund ist“ oder „damit du keinen Sonnenbrand bekommst“ sind keine motivierenden Erläuterungen für ein Kind. Kinder haben meist noch kein Bewusstsein für Folgeschäden. Motivierend für sie ist, dass das Eincremen Freude macht. Eincremen sollte ein gesundheitsrelevantes Ritual (vor dem Rausgehen, ggf. luftige Kleidung anziehen, eincremen und Cappy aufsetzen), und die Umsetzung steht nicht zur Diskussion. Hier hat die pädagogische Fachkraft eine Fürsorgepflicht, die es grundsätzlich einzuhalten gilt. Das „wie“ ist allerdings mit den Kindern zu diskutieren und kann verändert werden.

Das Eincremen oder Nachcremen in der Kita sollte stets körperfreundlich und freudvoll für die Kinder sein. Also, kein lästiges Eincremen, bei dem das Kind mit zugekniffenen Augen stocksteif von der Fachkraft in kürzester Zeit eingecremt wird. Eincremen braucht Zeit. Die Kinder sollten es selber machen und sich an Körperstellen, an die sie nicht rankommen, von einem anderen Kind helfen lassen. Kindern kommt es oft entgegen, dass das Prinzip „Viel hilft viel!“ beim Eincremen mit Sonnenschutzcreme tatsächlich angebracht ist. So ist es kein Problem, wenn die Kinder zunächst zu viel Creme auftragen. Manchen Kindern macht es Freude, sich kleine Kleckse oder einen Kreis aus Creme auf einen Arm oder Beine zu machen. Andere finden es schön, wenn ein anderes Kind dieses bei ihnen macht. Manche Kinder mögen sich gerne einen Klecks auf die Schulter machen und diese mit dem Klecks auf der Schulter ihres Freundes oder ihrer Freundin verreiben. Da am Ende die Creme möglichst gleichmäßig aufgetragen sein soll, brauchen einige Kinder möglicherweise Hilfe anderer Kinder oder der Fachkraft. Das Eincremen kann mit einem bestimmten Lied oder Vers begleitet werden, so dass der Handlungsablauf des Eincremens strukturiert wird. Beim Kreieren eines solchen Liedes oder Verses ist zu beachten, dass die Haut auf der Stirn, Nase, Kinn, Schultern und Fußrücken besonders gründlich eingecremt wird. Die Lippen und die Ohren dürfen auch nicht vergessen werden.

Sonnenschutzmaßnahmen der Kita
Weitere Sonnenschutzmaßnahmen in der Kita sind von der Kita umzusetzen. So sollte der pädagogische Alltag im Hochsommer so strukturiert sein, dass die Kinder in der Mittagshitze, bestenfalls von 11 Uhr bis 15 Uhr in den Räumen der Kita sind und das Spielen draußen davor und danach stattfindet. Auf dem Außengelände der Kita brauchen die Kinder schattige, kühle Orte, an die sie sich zurückziehen können. Wenn zu wenig Bäume vorhanden sind, die diese Möglichkeit bieten, sollten Sonnensegel gespannt – und Sonnenschirme aufgestellt werden. Insbesondere die beliebten Spielorte der Kinder, wie die Matschstelle, sollten vor Sonne geschützt werden.

Schwitzende Kinder benötigen viel Flüssigkeit
Ein weiteres gesundheitsrelevantes Thema im Hochsommer ist das Trinkverhalten der Kinder. Kinder von zwei bis sechs Jahren sollten circa drei Viertel bis einen Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen - und im Sommer noch mehr, weil sie durch das Schwitzen mehr Flüssigkeit verlieren. Trinken ist generell der wichtigste Faktor einer täglichen Ernährung. Trinkt ein Mensch nicht, so verdurstet er nach circa zwei Tagen. Die Flüssigkeit im Körper wird u.a. gebraucht, damit Mineralstoffe durch den Körper transportiert werden können (Vgl. Floto-Stammen, 2009, S. 40). Die Getränke sollten zuckerfrei sein. Am besten sind Wasser (mit oder ohne Kohlensäure) oder Tee, wie Früchtetee oder Kräutertee. Da das Leitungswasser in Deutschland regelmäßig kontrolliert wird, können Kinder es gut trinken.

Durst ist bereits das Warnsignal des Körpers
Bei großer Hitze sollten die pädagogischen Fachkräfte nicht warten, bis sich der Durst der Kinder meldet und sie etwas trinken wollen. Durst ist ein Warnsignal dafür, dass der Körper Flüssigkeit braucht. Insbesondere bei Hitze muss man regelmäßig trinken, und nicht erst dann, wenn man durstig wird eine größere Menge. Der Körper ist nicht in der Lage, große Mengen an Flüssigkeit zu speichern. Deshalb sollten Fachkräfte den Kindern immer wieder etwas zu trinken anbieten und sie an das Trinken erinnern. Für einige Kinder ist das Trinken, insbesondere wenn sie keinen Durst verspüren, lästig. Sie sind genervt, weil sie ihr Spiel unterbrechen müssen, um eine Trinkpause einzulegen. Die Kinder sollten deshalb den Grund des regelmäßigen Trinkens besonders an heißen Tagen kennen.

Getränke für Kinder attraktiv machen
Viele Kinder finden Leitungswasser langweilig. Sie möchten gerne Limonaden oder Fruchtnecktar. Diese enthalten jedoch so viel Zucker, dass sie zum alltäglichen Trinken vollkommen ungeeignet sind. Sie zählen als Süßigkeit. Fruchtsäfte zählen als Obstmahlzeit. (vgl. Getränke für Kinder | Verbraucherzentrale.de) Dennoch kann die Fachkraft die Getränke attraktiver machen, indem sie beispielsweise mit den Kindern ein Limo-Labor eröffnet. Hier können die Kinder mit kleingeschnittenen Früchten (z.B. Mango, Orange und Zitrone), Kräutern (z.B. Minze) und Wasser leckere Limonaden kreieren. (vgl. Hubrig, 2021, S. 33) In Gläsern, mit Trinkhalmen, kleinen Schirmchen oder anderer Dekoration und Eiswürfeln werden neue Kreationen geschaffen. Möglich ist es auch Fruchtsäfte in Eiswürfelbehälter zu füllen und diese, wenn sie gefroren sind, in ein Glas Wasser zu geben. Die besonderen Getränke können den Kindern zwischendurch immer wieder angeboten werden. Das Anbieten können die Kinder übernehmen, die diese Getränke an diesem Tag gemacht haben. Eine solche „Limo to go“ - Ausgabestelle kann auch auf dem Außengelände aufgebaut werden. Wichtig ist, dass die Kinder das Getränk auch dort trinken und nicht mit dem Glas herumlaufen. Wenn möglich sollten schattige Plätzchen dafür geschaffen werden, wie etwa vier Stühle, ein kleines Tischchen unter einem Sonnenschirm.

Kinder brauchen sommerliche Vorbilder
Kinder können viele Belehrungen zum Thema Sonnenschutz und ausreichendem Trinken bekommen. Sie setzen diese Handlungsempfehlungen jedoch erst eigenverantwortlich um, wenn ihnen diese Handlungen Freude machen und vor allem – wenn Fachkräfte ein gutes Modell sind, bei denen sie sich das gesundheitserhaltene Verhalten abgucken können. Eine Fachkraft, die sich selber ohne Kopfbedeckung und Sonnencreme in die Mittagssonne setzt, um „schön braun“ zu werden, ist nicht überzeugend, auch wenn sie dabei einen Vortrag über schädliche UV-Strahlungen hält. Fachkräfte sollten genauso wie die Kinder luftige Kleidung anziehen, einen Sonnenhut aufsetzen und sich vor dem Rausgehen eincremen. Sie sollten nicht nur mit den Kindern Aktivitäten zu Getränken anbieten und Kinder an das Trinken erinnern, sondern auch selbst ein Vorbild beim Trinkverhalten sein. Mit Sicherheit werden viele Kinder interessiert zuschauen, wenn die Fachkraft die neue Limo, bestehend aus Sprudelwasser mit ein paar Spritzern Zitrone und Eiswürfeln aus Orangensaft genießt und lauthals lobt … und dann auch selbst das Erfrischungsgetränk probieren wollen.

Eltern mit einbeziehen
Gesundheitsförderndes Verhalten wird vor allem im Elternhaus vermittelt. Die Kita ist neben den Eltern aber eine weitere Sozialisationsinstanz, die auf das Gesundheitsverhalten der Kinder einwirkt. Damit Eltern und Kita wissen, wie es die jeweiligen anderen mit der Sonne und mit dem Trinken handhaben, sollte im Rahmen der Elternarbeit Aufklärung stattfinden. Je nach Elterngruppe sollte entweder ein Informationsabend zum Thema „Sommer in der Kita“ stattfinden. In anderen Kitas reicht möglicherweise ein Elternbrief. Und in wiederum anderen Einzugsgebieten ist es sinnvoll, wenn die Fachkraft in Tür- und Angelgesprächen über Sonnenschutz und ausreichend Trinken aufklärt.
Bilderbuchtipps:

zum Sonnenschutz:
Universitäts KrebsCentrum Dresden (UCC): Clown Zitzewitz und der Sonnenschutz. 2016. abrufbar unter: Bilderbuch.pdf (krebshilfe.de)

für Gesprächsanlässe zu gesundheitsfördernden Verhaltensweisen im Sommer:
Mennen, Patricia/Szesny, Susanne: Wieso? Weshalb? Warum? junior, Band 60: Was machen wir im Sommer? Ravensburg, Ravensburger Verlag, 2018
Quellen:
• Floto-Stammen, Sonja: Ernährung. WAS IST WAS, Band 127, Nürnberg, Tessloff Verlag, 2009
• Hubrig, Silke: Ernährungsbildung im Alltag. Belin, Cornelsen Verlag, 2021.
• Bundesamt für Strahlenschutz: Sonnenschutz für Kinder im Kindergarten. Salzgitter, 2020. abrufbar unter: Sonnenschutz für Kinder im Kindergarten Handreichung für Erzieher/innen (bfs.de), zuletzt abgerufen am 20.04.2022
• Getränke für Kinder | Verbraucherzentrale.de, zuletzt abgerufen am 20.04.2022