Umfangreiche Änderungen des BGB: Konsequenzen für den Unterricht

Im Jahr 2022 sind eine Vielzahl von Neuerungen im BGB aufgenommen worden. Manche Juristen sprechen 20 Jahre nach der großen Schuldrechtsreform sogar von einer „Schuldrechtsmodernisierung 2.0“. Die zentralen Änderungen gehen auf das Gesetz über faire Verbraucherverträge und die Umsetzung dreier europäischer Richtlinien in das deutsche Recht zurück. Meist handelt es sich um Vorschriften zu Verbraucherverträgen (B2C), diverse Änderungen haben aber auch Auswirkungen auf Geschäfte zwischen Unternehmern (B2B).
Überblick

Das Gesetz über faire Verbraucherverträge begrenzt die Möglichkeit der stillschweigenden Verlängerung eines längerfristigen Verbrauchervertrags etwa für Warenabonnements, Fitnessstudios oder Telefontarife durch Allgemeine Geschäftsbedingungen insoweit, dass nach Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit von
z. B. zwei Jahren eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat gilt (§ 309 Nr. 9 BGB). Wenn ein Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr auf einer Website abgeschlossen werden kann, muss es dort nun auch einen Button für die Online-Kündigung geben (§ 312k BGB), eine schriftliche Kündigung darf nicht mehr verlangt werden.

Die Modernisierungsrichtlinie verbessert die Information der Verbraucher bei Online-Einkäufen. Betreiber von Online- Marktplätzen wie Amazon oder eBay sind verpflichtet, vor Vertragsschluss über wesentliche Umstände aufzuklären, die die Entscheidung des Kunden beeinflussen können, z. B., ob der Verkäufer Unternehmer oder Verbraucher ist (§ 312l BGB,Art. 246d Einführungsgesetz zum BGB). Die Digitale-Inhalte-Richtline betrifft digitale Produkte, wie Software und Streamingdienste. Verbraucher erhalten umfassende Rechte bei Leistungsstörungen, die sich an das Kaufrecht anlehnen (§§ 327 ff. BGB). Der Unternehmer muss darüber hinaus für notwendige Aktualisierungen (Updates) der digitalen Produkte sorgen (§ 327f BGB). Zwischen Unternehmern werden wie beim Kaufvertrag Rückgriffsrechte bei Leistungsstörungen gegenüber Vertriebspartnern vorgesehen (§ 327u BGB).

Nach der Warenkaufrichtlinie werden Waren mit digitalen Elementen so definiert, dass sie ohne digitale Produkte gar nicht funktionieren, wie beispielsweise Smartphones oder Tablets (§ 327a Abs. 3 BGB). Der Sachmangelbegriff für alle Kaufverträge wird erweitert (§ 434 BGB). Der Sachmangel für den Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen wird ähnlich beschrieben (§ 475b BGB). Die Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf, d. h. die gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel der Kaufsache bereits beim Kauf vorlag, beträgt nun statt sechs Monaten ein Jahr (§ 477 Abs. 1 BGB).
Insbesondere das durch die beiden letztgenannten Richtlinien geänderte Gewährleistungsrecht bei mangelhafter Leistung ist wegen seiner Relevanz im Unterricht genauer zu betrachten. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Neuerungen beim
  1. Verbrauchervertrag über digitale Produkte,
  2. Kauf oder Verbrauchsgüterkauf von analogen Sachen und
  3. Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen sowie Verbrauchsgüterkauf von Waren, die digitale Produkte enthalten, aber auch ohne diese funktionieren.
Ein orientierender Überblick ist der Abbildung zu entnehmen; im folgenden Text wird schrittweise auf die jeweiligen Neuregelungen zu 1 bis 3 eingegangen.
Abbildung 1

1 Verbraucherverträge über digitale Produkte

Begriff des digitalen Produkts

Digitale Produkte umfassen digitale Inhalte wie z. B. Software und digitale Dienstleistungen, etwa Streamingdienste (§ 327 Abs. 2 BGB). Ein Datenträger wie ein USB-Stick, der den Zweck hat, digitale Inhalte zu speichern, wird entsprechend behandelt (§ 327 Abs. 5 BGB).

Der Preis für das digitale Produkt kann ein Entgelt sein, beispielsweise Geld, E-Geld oder eine Kryptowährung wie Bitcoin (§ 327 Abs. 1 S. 2 BGB). Als Preis gilt auch die Nutzung personenbezogener Daten des Verbrauchers, in die dieser vorab einwilligt (§ 327 Abs. 3 BGB).

Ausnahmen, die nicht unter die Regelungen für digitale Produkte fallen, sind u. a. Glückspiele, Finanzdienstleistungen und kostenlose Open-Source-Software (§ 327 Abs. 6 BGB).


Leistungsstörungen

Die Regelungen zu Leistungsstörungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte (B2C) lehnen sich an das allgemeine Schuldrecht (Verzug) bzw. das Kaufrecht (mangelhafte Leistung) an.

  • Schuldnerverzug/Lieferungsverzug
Sofern kein Termin für die Leistung des digitalen Produkts vereinbart wird, ist die Bereitstellung unverzüglich bzw. sofort nach Vertragsabschluss fällig (§ 327b Abs. 2 BGB). Die Bereitstellung erfolgt, wenn das digitale Produkt dem Verbraucher zugänglich gemacht wird, z. B. die Möglichkeit des Herunterladens der gekauften Software besteht (§ 327b Abs. 3, 4 BGB).

Unterbleibt die rechtzeitige Bereitstellung, kann der Verbraucher nach erfolgloser Aufforderung an den Unternehmer den Vertrag beenden und Rechte aus dem Lieferungsverzug wie Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend machen (§ 327c BGB).

  • Mangelhafte Leistung
Sofern einem Verbraucher digitale Produkte bereitgestellt werden, ist die zugrundeliegend Vertragsart für die Gewährleistung unerheblich, nur das Recht zum Verbrauchervertrag über digitale Produkte gilt (§§ 327d ff. BGB, vgl. entsprechende Verweise: Schenkung § 516a BGB, Miete § 578b BGB, Werklieferungsvertrag § 650 Abs. 2 BGB). Die Spezialvorschriften ähneln in Voraussetzungen und Rechtsfolgen jedoch dem Kaufrecht. 

Ein digitales Produkt ist mangelfrei, wenn kein Rechtsmangel vorliegt (§ 327g BGB) und es keinen Produktmangel aufweist (§ 327e BGB). Dies ist der Fall, wenn es zum Zeitpunkt der Bereitstellung den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Anforderungen an die Integration entspricht sowie keine Falschlieferung vorliegt (§ 327e BGB). Integration ist - ähnlich der Montage beim Kauf - die Verbindung des Produkts mit der digitalen Umgebung, d. h. dem digitalen Produkt mit dem Netzwerk sowie der Hard- und Software des Verbrauchers (§ 327e Abs. 4 BGB). Zu den Pflichten des Unternehmers gehört es außerdem, Aktualisierungen der digitalen Produkte, z. B. Sicherheitsupdates, im vertraglich maßgeblichen Zeitraum vorzunehmen (§ 327f BGB).

Je nach Voraussetzungen können Verbrauchern bei Mängeln Nacherfüllung, Minderung, das Recht zur Beendigung des Vertrags sowie Schadensersatzansprüche zustehen (§§ 327i, 327l – 327p BGB). Die Gewährleistungsfrist beginnt mit Bereitstellung und endet grundsätzlich nach zwei Jahren oder ein Jahr nach Ablauf des Bereitstellungszeitraums (§ 327j BGB); im ersten Jahr gilt wie beim Verbrauchsgüterkauf eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers bezüglich des Mangels (§ 327k BGB).

2 Kauf oder Verbrauchsgüterkauf von analogen Sachen

Sachmangel beim Kauf

Eine wichtige Neuerung stellt die Änderung des Sachmangelbegriffs für alle Kaufverträge (§ 434 BGB) zwischen beliebigen Vertragspartnern (B2B, B2C, C2B, C2C) dar. Die stufenweise Prüfung mit dem Vorrang der vereinbarten vor der gewöhnlichen Beschaffenheit einer Sache wurde aufgegeben. Nun sind sämtliche Anforderungen gleichrangig und müssen kumulativ erfüllt sein. Da die Neuregelung für alle kaufmännischen Berufe und den rechtskundlichen Unterricht von besonderer Bedeutung ist, soll sie hier ausführlich beschrieben werden.

Die gekaufte Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrenübergang
  • den subjektiven Anforderungen an die Beschaffenheit und
  • den objektiven Anforderungen an die Beschaffenheit und
  • den Montageanforderungen (sofern eine Montage durchzuführen ist)
entspricht. Eine Falschlieferung ist wie ein Sachmangel zu behandeln.

Man kann zunächst subjektive und objektive Beschaffenheitsmängel von den sonstigen Mängeln unterscheiden.

Subjektive Anforderungen an die Beschaffenheit entstehen durch vertragliche Absprachen. Die Kaufsache muss der Vereinbarung der Vertragsparteien entsprechen (§ 434 Abs. 2 BGB). Ist dies nicht der Fall, weist sie einen Sachmangel auf (vgl. Abbildung 2).
Abbildung 2
Objektive Anforderungen an die Beschaffenheit entsprechen den zu erwartenden Standards bezüglich der Qualität und Funktionsfähigkeit des verkauften Gegenstands. Die Sache muss also neben der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit (subjektive Anforderungen) die übliche Beschaffenheit aufweisen und sich für die gewöhnliche, „normale“ Verwendung eignen (objektive Anforderungen), siehe Abbildung 3.
Abbildung 3
Verkäufer und Käufer können vereinbaren, dass eine Kaufsache auch dann mangelfrei sein soll, wenn sie eine schlechtere als die übliche Beschaffenheit hat, eine sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarung treffen. Bei einem Verbrauchsgüterkauf bedarf dies jedoch einer ausdrücklichen und gesonderten Vereinbarung (§ 476 Abs. 1 BGB). In anderen Kaufarten ist eine solche Absprache formfrei möglich.

Beispiel:
Volker V. verkauft seinen nicht mehr fahrfähigen Gebrauchtwagen an einen Schrotthändler ohne schriftliche Vereinbarungen gegen Barzahlung.

Neben Beschaffenheitsmängeln können sonstige Mängel bestehen. Wenn eine Montage der Kaufsache durchzuführen ist, muss diese sachgemäß durchgeführt werden bzw. nach Anleitung ordnungsgemäß montiert werden können, andernfalls liegt ein Montagemangel vor, vgl. Abbildung 4. Schließlich kann eine Falschlieferung vorliegen, die einem sonstigen Sachmangel gleichzusetzen ist (§ 434 Abs. 5 BGB).

Beispiel:
Statt der bestellten Computertische werden Stühle geliefert. Die Abbildung 5 auf der übernächsten Seite fasst Wesentliches zusammen.
Abbildung 4
Abbildung 5
Nacherfüllung bei Sachmängeln

Das vorrangige Recht der Sachmängelgewährleistung ist die Nacherfüllung, bei der der Käufer nach seiner Wahl die Nachbesserung oder Ersatzlieferung hat (§ 439 Abs. 1 BGB). Nun ist ausdrücklich geregelt, dass der Verkäufer den mangelhaften Gegenstand auf eigene Kosten zurücknehmen, der Käufer die Sache am Erfüllungsort zur Verfügung stellen muss (§§ 439 Abs. 5, 6 BGB).


Verbrauchsgüterkauf bei analogen Waren

Beim Verbrauchsgüterkauf (B2C) hat der Unternehmer die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen (§ 475 Abs. 5 BGB). 

Wie bereits unter 2 erwähnt, bedarf eine negative Beschaffenheitsvereinbarung beim Verbrauchsgüterkauf einer ausdrücklichen und gesonderten Vereinbarung (§ 476 Abs. 1 BGB). Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder ein bloßer Hinweis im Vertrag reicht hierfür nicht aus. Es muss neben dem Kaufvertrag eine gesonderte, noch vor dem Vertrag abgeschlossene Vereinbarung darüber geben, dass die Ware Eigenschaften aufweist, die nicht üblich sind. Dies ist z. B. notwendig beim Verkauf von Waren 2. Wahl, Vorführgeräten, Ausstellungsstücken, Gebrauchtwaren, siehe Abbildung 6.
Abbildung 6
Dieselbe Vorschrift gilt für eine Vereinbarung über die Verkürzung der Gewährleistungsfrist bei gebrauchten Sachen auf ein Jahr (§ 476 Abs. 2 BGB). Die Verjährungsfrist ist zudem nun mit einer Ablaufhemmung versehen. Bei Mängeln, die sich erst am Ende der Gewährleistungsfrist zeigen, verlängert sich faktisch die Gewährleistungszeit auf bis zu 28 Monate. So verjähren Gewährleistungsansprüche in der Regel nicht vor Ablauf von vier Monaten nach erstmaligem Auftreten des Mangels (§ 475e Abs. 3 BGB) und nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach einem Nacherfüllungsversuch (§ 475e Abs. 4 BGB). Mit der letztgenannten Regelung soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher prüfen kann, ob dem Mangel abgeholfen wurde. Außerdem läuft die Gewährleistungsfrist nicht ab, während sich die Ware zur Nacherfüllung beim Unternehmer befindet.


Beispiele:

Bei einem neuen Pkw zeigt sich ein Mangel im 24. Monat nach dem Kauf. Der Gewährleistungsanspruch verjährt vier Monate später, also im 28. Monat. Eine defekte Kaffeemaschine wird vom Verkäufer im 24. Monat nach dem Kauf nachgebessert und dem Käufer erst am Ende des 25. Monats übergeben. Der Gewährleistungsanspruch verjährt nach zwei Monate nach Ende der Hemmung, also mit Ablauf des 27. Monats.

Früher galt die gesetzliche Vermutung, dass die Kaufsache bereits zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn sich der Mangel binnen sechs Monaten nach Übergabe zeigte. Mit der Gesetzesänderung wird diese Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers auf ein Jahr verlängert (§ 477 BGB).

Sonderregelungen gibt es nun auch für die Fristsetzung bei Rücktritt, Minderung und Schadensersatz beim Verbrauchsgüterkauf (§ 475d BGB). Eine ausdrückliche Fristsetzung des Verbrauchers ist nicht mehr erforderlich, um nachrangige Gewährleistungsrechte geltend machen zu können. Der Käufer kann zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er den Verkäufer vom Mangel unterrichtet und dieser in einer angemessenen Frist nicht nacherfüllt hat. Im Falle eines besonders schwerwiegenden Mangels ein sofortiger Rücktritt möglich.

Eine Garantie muss mindestens den Umfang des gesetzlichen Nacherfüllungsanspruchs haben und auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden (§ 479 BGB).

3 Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen oder von Waren, die digitale Produkte enthalten

Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen

Bei Waren mit digitalen Elementen sind die digitalen Elemente zwingend für die Funktion (§ 327a Abs. 3 BGB), d. h., ohne die geeignete Software ist die Ware nutzlos. Der Verkäufer schuldet bei einem derartigen Verbrauchsgüterkauf deshalb neben der Sachmangelfreiheit auch die Bereitstellung und Aktualisierung der digitalen Elemente der Ware (§ 475b Abs. 1, 2 BGB). Dies gilt unabhängig davon, ob die digitalen Elemente vorinstalliert sind, wie z. B. das Betriebssystem auf dem Tablet, oder anschließend auf einem anderen Gerät heruntergeladen werden müssen.

Beispiel: Eine Smartwatch kann ihre Funktionen nur mittels einer Anwendung erfüllen, die vom Verbraucher auf ein Smartphone heruntergeladen werden muss. Die App auf dem Smartphone ist das digitale Element der Smartwatch.

Digitale Elemente können einmalig, für einen bestimmten Zeitraum oder dauerhaft bereitgestellt werden, die Vereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (§ 475c BGB).

Beispiel: Beim Kauf einer Smartwatch ist davon auszugehen, dass die notwendige Cloudanbindung der App für das Smartphone dauerhaft bereitgestellt werden soll.

Sachmangelfrei ist eine Ware mit digitalen Elementen, wenn sie den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen, den Montageanforderungen und den Installationsanforderungen genügt (§ 475b Abs. 2 BGB). Grundsätzlich müssen Sachen bzw. Waren zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelfrei sein (vgl. auch § 434 Abs. 1 BGB). Dies gilt nicht für digitale Elemente, denn hier sind Aktualisierungen erforderlich, damit die Sache genauso funktioniert wie zum Zeitpunkt der Lieferung und die IT-Sicherheit gewährleistet ist. Deshalb ist der Verkäufer von Waren mit digitalen Elementen verpflichtet, notwendige Updates bereitzustellen. Unterbliebene, fehlerhafte oder unvollständige Aktualisierungen stellen einen Mangel an der Ware dar.

Der maßgebliche Zeitraum, in dem Aktualisierungen vorzunehmen sind, bemisst sich nach den Erwartungen eines durchschnittlichen Verbrauchers aufgrund der üblichen Nutzungsdauer und des Preises der Ware (§ 475b Abs. 4 BGB). Der Zeitraum wird häufig länger als die Gewährleistungsfrist sein, im Durchschnitt ca. fünf Jahre. Die Haftung des Verkäufers entfällt, wenn der Käufer die Installation der Updates unterlässt (§ 475b Abs. 5 BGB).

Für den Fall, dass die Vertragsparteien den Zeitraum der Bereitstellung nicht bestimmen, bemisst sich der Zeitraum analog der Dauer der Aktualisierungspflicht nach den Erwartungen eines durchschnittlichen Verbrauchers.

Die Gewährleistungsfrist wegen eines Mangels an digitalen Elementen oder wegen mangelhafter Aktualisierung endet nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Bereitstellungs- bzw. Aktualisierungszeitraums (§ 475e Abs. 1, 2 BGB), sie beträgt jedoch mindestens zwei Jahre nach Ablieferung der Ware (§ 475c Abs. 2 BGB).


Verbrauchsgüterkauf von Waren, die digitale Produkte enthalten

Beim Erwerb einer Ware, die zwar digitale Produkte enthält oder mit diesen verbunden ist, ihre Funktion aber auch ohne sie erfüllen kann (§ 475a Abs. 2 BGB), handelt es sich rechtlich um zwei eigenständige Verträge mit gegebenenfalls unterschiedlichen Vertragspartnern. Die Bereitstellung und Aktualisierung des digitalen Produkts ist nicht Teil des Kaufvertrags. Hier ist die Frage zu stellen: Befindet sich der Mangel an der Ware selbst oder am enthaltenen digitalen Produkt? Für die analoge Ware sind das allgemeine Kaufrecht (§ 434 ff. BGB) sowie das Verbrauchsgüterkaufrecht (§§ 475 ff. BGB) und für die digitalen Produkte das spezielle Verbrauchervertragsrecht anzuwenden (§§ 327ff. BGB).

Beispiel: Eine Wetter-App ist auf dem neu gekauften Smartphone installiert. Der Vertrag über die Bereitstellung der App ist nicht Bestandteil des Kaufvertrags über das Smartphone.

Fazit und Zusammenfassung

Die Reform führt zu einer deutlichen Ausweitung der Verbraucherschutzrechte im BGB, insbesondere beim Verbrauchsgüterkauf. Der neue Vertragstyp – Verbraucherverträge über digitale Produkte – ist wegen seiner Bedeutung im Unterricht mindestens kurz einzuführen. Im Übrigen sind die Erweiterung des allgemeinen Sachmangelbegriffs und die Neugliederung des Gewährleistungsrechts beim Kauf zu beachten:

1 Verbrauchervertrag über digitale Produkte: Unabhängig vom Kaufvertragsrecht gelten die Spezialvorschriften zu digitalen Produkten (§§ 327d ff. BGB).
2 Kauf oder Verbrauchsgüterkauf von analogen Sachen: Für analoge Sachen richtet sich die Gewährleistung nach dem Kaufvertrag (§§ 434 ff. BGB) und gegebenenfalls zusätzlich nach den allgemeinen Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs (sofern B2C, §§ 475 ff. BGB).
3 Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen oder von Waren, die digitale Produkte enthalten:
  • Waren mit digitalen Elementen. Die Bereitstellung des digitalen Elements ist zwingend für die Funktion der Ware und somit Teil des Kaufvertrags, z. B. Betriebssystem beim Smartphone. Für Mängel an der Ware oder dem digitalen Element gelten allgemeines Kaufrecht (§§ 434 ff. BGB), ergänzt um die speziellen Regeln des Verbrauchsgüterkaufs einer Ware mit digitalen Elementen (§§ 475b ff. BGB).
  • Waren, die digitale Produkte enthalten. Es liegt keine funktional zwingende Verbindung zwischen der Ware und dem digitalen Produkt vor, z. B. Spieleapp beim Smartphone. Für die Ware gilt das allgemeine Kauf- und Verbrauchsgüterkaufrecht (§§ 434 ff., 475 ff. BGB), für das digitale Produkt sind die entsprechenden Spezialvorschriften einschlägig (§§ 327d ff. BGB).

Ihre Autorin

Ursula Wathling ist Oberstudiendirektorin, Leiterin eines Schulpraktischen Seminars in Berlin; zuvor Fachbereichsleiterin für Wirtschaftslehre in Büro- und Verwaltungsberufen sowie Fachseminarleiterin und Fachleiterin Recht in der Louise-Schroeder- Schule, Autorin des Westermann- Verlags in je einer Reihe für Büromanagement und öffentliche Verwaltung.