„Güterverkehr - Spedition - Logistik“ Das Fachbuch wird 81 Jahre !

Bei der Sichtung des Nachlasses meines Vaters fand ich zwei von den ersten drei Bänden unserer Fachbuchreihe, die bereits in den dreißiger Jahren entstanden waren, aber nach dem Anschluss Österreichs 1938 unter dem Titel „Güterverkehr und Spedition im Grossdeutschen Reich“ 1941 bzw. 1943 erschienen sind. Verweise auf die Kriegssituation und die nationalsozialistische Politik fand ich überraschend wenige und wenn, dann kursiv eingefügt (z.B. Beschränkungen im Seeverkehr durch den „englischen Krieg“) Die Bände geben interessante Einblicke in die damalige Ausbildung der „Lehrlinge“. Neben dem Erlernen des Fachwissens wurde auch Wert auf allgemeine Fähigkeiten gelegt.

Dazu gehörten z.B. die Kurzschrift, das Maschinenschreiben, Fremdsprachen, „Beherrschen des Fernsprech- und Telegrammverkehrs“. Im Ausbildungsplan kann man auch Folgendes lesen: “Handhabung neuzeitlicher Bürohilfsmittel, z. B. Vorordner, Heftmaschinen, Maßlocher usw.“ Zwischen diesen Zeilen und der heutigen Ausgabe „Güterverkehr-Spedition-Logistik“ liegen 81 Jahr voller Historie, politischen Veränderungen und wirtschaftlichen Entwicklungen.
Nun zu den Details:

Das Fachwissen wurde bereits vor dem 2. Weltkrieg in drei Bänden zusammengetragen:
Teil I Die Verkehrsmittel zu Lande und in der Luft für den Post-, Bahn-, Kraftwagen- und Fluggüterverkehr
Teil II Die Beförderung von Gütern auf Binnengewässern und über See für den Binnen- und Seeschifffahrtsverkehr
Teil III Der Spediteur als Vermittler des Güterverkehrs für die verschiedenen Sparten des Speditionsgewerbes als Bahnspedition, Kraftwagenspedition, Seehafenspedition usw.
Vor der endgültigen Veröffentlichung wurden die drei Bände nochmals überarbeitet. Die ersten Autoren waren Dr. Th. Securius und G. Bönning. Jeder Band umfasste ca. 100 Seiten.

Gleichzeitig wurde in dem dritten Band die Organisation der Berufsausbildung und eine Prüfungsordnung durch Emil Kandzia vorgestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte jeder Betrieb nach seinen Erfordernissen ausgebildet. Um diese Ungleichheiten zu beenden, wurde 1941 der Lehrberuf des Speditionskaufmanns durch die Reichsverkehrsgruppe Spedition und Lagerei, das Fachamt Energie-Verkehr-Verwaltung DAF (DAF: nationalsozialistische Deutsche Arbeitsfront, in der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände nach der Machtübernahme 1933 zwangsvereinigt wurden) und das Reichsinstitut für Berufsausbildung konkretisiert. Zunächst legten die Beteiligten das Arbeitsgebiet und die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten fest. Um eine einheitliche Ausbildung zu gewährleisten, wurden Ausbildungsrichtlinien und ein Ausbildungsplan entwickelt. Einheitliche Prüfungsanforderungen kamen noch hinzu. Bei allen Ausarbeitungen wurde die gegenseitige „Befruchtung Büro - Schule und Schule - Büro“ hervorgehoben.

Die 1941 festgelegten Rahmenbedingungen für den Ausbildungsberuf „Speditionskaufmann“ flossen z.T. auch nach dem Krieg in die Ausbildungsrichtlinien mit ein.

Nach einer durch den Krieg und die Nachkriegszeit entstandenen Pause erschien die nächste Auflage 1954 und 1955. Neben einem neuen Titel – „Betriebslehre für den Güterverkehr und die Spedition“ – wurden aus drei Bänden zwei Bände. Die Autoren Dr. Th. Securius, Dipl.-Hdl. H. Mittendorf und Dipl.-Hdl. H.-J. Prey haben die beiden Bände grundlegend überarbeitet und den Stoff neugegliedert. Die alte Gliederung – Güterbeförderung Land, Güterbeförderung Wasser und am Ende Speditionsunternehmung und Speditionsgeschäft – wurde umgestellt. So beinhaltete der erste Band auf 120 Seiten die Kapitel Spedition allgemein, Post-, Bahn-, und Kraftverkehr, Bahn- und Kraftwagenspedition. Der zweite Band umfasste auf 144 Seiten die Inhalte Schiffs- und Luftverkehr, Binnenumschlag, Seehafen- und Luftfahrtspedition und die Nebentätigkeiten. Außerdem wurden die einzelnen Kapitel, je nach Entwicklung, verkleinert/ gekürzt oder vergrößert/ergänzt. Die Wichtigkeit der Verbindung zwischen Schule und Betrieb wurde auch in diesen Bänden hervorgehoben.

Die Auflagen 1955 bis 1959 erschienen unter dem gleichen Titel. Die Autorengruppe wurde nicht verändert. Die Veränderung der Wirtschaft und des Handels führten zu einer Erweiterung des Seitenumfanges von 294 Seiten auf 312 Seiten. Sowohl fachliche Veränderungen als auch wirtschaftspolitische Neuerungen wurden eingearbeitet. Durch die kurzen Überarbeitungsintervalle konnte und kann die Aktualität gesichert werden.

1961 wurde der Titel in „Güterverkehr und Spedition - Betriebslehre“ geändert. In dieser Zeit kam als Unterstützung zum Team Securius-Mittendorf-Prey der Autor Dipl.-Handelslehrer Wolfgang Oelfke hinzu; er führte ab der 11. Auflage zusammen mit Dipl.-Handelslehrer Hans Mittendorf das Buch weiter. Für diese Auflage modernisierte der Verlag den Buchdeckel.

Das Autorenteam Mittendorf/Oelfke, das bis zum altersbedingten Ausscheiden von Herrn Hans Mittendorf 1976 zusammenarbeitete, wurde 1978 durch Wolfgang Oelfke und Horst Landbeck ersetzt. Herr Landbeck beendete seine Tätigkeit mit der 26. Auflage 1987. Die 27. und 28. Auflage wurde von Herrn Wolfgang und Dorit Oelfke bearbeitet. Mittlerweile war der Umfang des Buches aufgrund der Änderungen in der Transport- und Speditionsbranche auf 413 Seiten gestiegen. Das entstand durch die ständig steigenden Anforderungen an alle Verkehrsträger. Hinzu kamen die vermehrt auftretenden Verordnungen und Anordnungen bei der Ein- und Ausfuhr sowie dem Zoll.

Die Veröffentlichung der 29. Auflage wurde von mehreren Veränderungen begleitet: Ein neuer Buchtitel „Güterverkehr - Spedition - Logistik/Leistungserstellung in Spedition und Logistik“ und ein erweitertes Autorenteam, bestehend aus Wolfgang Oelfke, Hans Brandenburg, Siegfried Waschkau und Dorit Oelfke.

Ende der 90er Jahre schied der langjährige Autor Dipl.- Handelslehrer Wolfgang Oelfke aus Altersgründen aus. Er hatte das Buch über viele Jahre hinweg intensiv gestaltet und betreut. Das bezog sich auch auf die Pflege der Beziehung zur Praxis.

Seit Beginn der 90er Jahre nahm der Seitenumfang des Lehr- und Lernbuches weiter zu. Die Gründe dafür lagen und liegen unter anderem
  • in der Wiedervereinigung Deutschlands und der Erweiterung der Europäischen Union,
  • der zunehmenden Globalisierung der Märkte und der wachsenden internationalen Arbeitsteilung,
  • in der Deregulierung/Liberalisierung der Transportmärkte sowie der Öffnung der osteuropäischen Märkte,
  • in der Deregulierung der Telekommunikationsmärkte,
  • in der Weiterentwicklung des Internets und der Informationstechnologie,
  • in der Standardisierung von Prozessen in Produktion, Lager, Umschlag, Transport sowie der Weiterentwicklung von ganzheitlichen LOGISTIK-Prozessen von der Beschaffung über Produktion, Lagerung bis zur Distribution.

Diese gravierenden Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft hatten und haben erheblich Auswirkungen auf die Organisationsprozesse in der Transport-, Speditions- und Logistikbranche. Diese Veränderungen und Neuerungen in der Praxis hielten Einzug in die Berufsausbildung und hatten erheblichen Einfluss auf zwei grundlegende Rahmenlehrplan-Neuordnungen 1996 und 2004.

Basierend auf der Neuordnung 1996 wurden nicht nur die erforderlichen inhaltlichen Änderungen vorgenommen, sondern konzeptionelle Neuerungen aufgenommen. So wurden gemäß Neuordnung methodische Anforderungen berücksichtigt, so dass jedes Kapitel mit einer auftrags- und prozessbezogenen Handlung beginnt. Es folgen Aufgabenstellungen, Sachdarstellungen, Merksätze, Zusammenfassungen und Übungsaufgaben.

Mit der Neuordnung 2004 erhielt ein neuer Name Einzug: „Kaufmann/Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung“. Im Zuge dieser Neuordnung wurden die methodischen Anforderungen mit jeder Auflage und in ergänzenden Unterrichtsmaterialien bzw. Lehrerhandbüchern ergänzt und weiterentwickelt.

2023 wird die 45. Auflage beim Bildungsverlag EINS, Westermann Gruppe, erscheinen. Zurzeit ist die aktuelle 44. Auflage erhältlich.

Ein engagiertes Autorenteam mit Hans Brandenburg, Timo Dieckmann, Jens Gutermuth, Dorit Oelfke und Siegfried Waschkau sorgt dafür, dass dieses Buch weiterhin aktuell ist und eine große Bandbreite an Wissen und methodischen Anregungen zur Verfügung stellt, als Papierausgabe und digital. Unterstützt durch kurze Auflagenabstände, wie z.B. in der 16. Auflage zu lesen: „In die Hand des Auszubildenden gehören Bücher mit aktuellen Lehrinhalten, die kurzfristig der raschen Entwicklung in allen Bereichen des Verkehrs angepasst sind.“

Über die vielen Erscheinungsjahre hat das Buch „Güterverkehr - Spedition - Logistik“ Generationen von Speditionskaufleuten bei der Ausbildung begleitet, bei den Vorbereitungen für die Prüfungen und auch später im Berufsleben als Nachschlagewerk mit einem sehr großen und aktuellen Fachwissen bei der Lösung von Problemen geholfen! 
Das Autorenteam