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Lernfreude erhalten und fördern

Entwicklung in der frühen Kindheit

Fachbeitrag

Schulform

Grundschule

Schulfach

Aufbewahrung

Seiten

1

Erschienen am

15.12.2012

Dateigröße

24,0 kB

Autoren/Autorinnen

Peter Veith

Schlagworte

Lernmotivation, Lernfreude

Bildquelle: Fotolia.com/ChGuss

In den ersten Schulwochen der neuen Erstklässler können Lehrkräfte und Eltern den begeisterten Eifer der Kinder noch beobachten. Doch in den nächsten Jahren verlieren die Kinder an natürlicher Neugier, werden oft verdrossen und unkindlich. Sie wollen schließlich am liebsten „chillen“ und begleiten Leistungsforderungen oft genug mit einem genervten Stöhnen.

Wieso verlieren viele Kinder die unbeschwerte Neugier? Warum behalten aber auch viele Kinder dieses Neugierverhalten, bringen gute Leistungen und besuchen gerne die Schule? Können Eltern und Schule die Lust am Entdecken und die kreative Neugier wieder zurückerlangen? Dieser Artikel zeigt, was hinter der ursprünglichen Neugier von Kindern steckt und wie wir diese Erkenntnisse zum Erhalt und der Förderung der Lernfreude nutzen können. Zu allen Aspekten werden hilfreiche Tipps gegeben, wie die Lernfreude im Alltag aufrechterhalten und gefördert werden kann.

Am Anfang ist die Lernfreude

Schon jüngste Kinder sind neugierig. Ihr Entdecker- und Forscherdrang kennt keine Grenzen. Überall gibt es Faszinierendes, alles ist spannend, schmeckt interessant und fühlt sich toll an. Alles lädt zum Experimentieren ein, die Dinge und auch die Sprache. Es ist auch das Erlebnis, immer wieder etwas Neues zu können, etwas machen zu können und das daraufhin stolze Lob der Eltern, das die kleinsten motiviert. Schaut man einem Kleinkind längere Zeit zu und versucht seine Freude am Lernen, Ausprobieren, Forschen und Entdecken zu verstehen, können wir beobachten, dass es bestimmte Faktoren gibt, die es zu dieser Neugier und Lernwilligkeit bringen.

Lernen mit Freude – auch in der Schule

Folgende Faktoren, die schon das Kleinkind so neugierig auf Neues machen, lassen sich auch auf das schulische Lernen übertragen.

  • Was wir lernen, müssen wir als für uns nützlich bewerten.

    Offenbar lernen Kinder dann etwas gern und gut, wenn sie erleben, dass dieses Neue, ihnen nutzt und eine aktuelle Verbesserung eines Zustandes bringt. Auf das Lernen in der Schule bezogen bedeutet dies: Das Kind muss merken, dass es durch das Lernen weiterkommt, es etwas dadurch besser kann und dadurch „größer“, „klüger“ oder anerkannter bei anderen sein kann.

    Tipp: Sagen Sie dem Kind stets wozu es das jeweilige zu Lernende gebrauchen kann. Gemeint ist aber nicht das spätere Leben, sondern nennen Sie den Nutzen und den Sinn für seinen aktuellen Alltag. Nehmen Sie es sportlich: Sagen Sie sich, dass es immer einen Sinn gibt; dann finden Sie diesen Sinn auch. Mit der Zeit bekommen Sie Übung darin. Noch besser wäre es allerdings, wenn mit der Zeit auch das Kind diesen Sinn selbständig für sich erkennen kann.

  • Das Kind will „Urheber“ des eigenen Verhaltens sein

    Ein Kind will spüren, dass es etwas aus seinem eigenen Antrieb macht, nicht wie so oft fremdbestimmt, den andern zuliebe oder um des lieben Friedens willen. Erst dadurch ist es emotional an einem „Lernvorgang“ beteiligt, so dass es zu einem intensiven und nachhaltigen Lernen kommen kann. Es zeigt sich dabei das Grundbedürfnis des Menschen, stets etwas Sinnvolles tun und bewirken zu können.

    Tipp: Sie wollen etwas von Ihrem Kind? Dass es vielleicht etwas liest, malt oder gar freiwillig lernt? Machen Sie Ihr Kind „indirekt“ neugierig. Ihr Wunsch bleibt dabei unentdeckt und unhörbar, so dass es letztlich seine Idee ist. Dazu gehört natürlich, dass Sie es nicht anpreisen, es schade finden, wenn der Vorschlag nicht beachtet wird oder wenn Sie die Entscheidung des Kindes nicht akzeptieren. Entscheidend ist: Das Kind will etwas von Anfang an selber machen; dann können Sie begründet hoffen, dass Ihr Kind bei diesen Anlässen wirklich etwas lernt. Viele Kinder tun selbstverständlich auch Ihnen zuliebe etwas, sie möchten Ihnen gefallen und folgen Ihnen aufs Wort! Warum nicht? Aber Ihnen muss dabei klar sein, dass die Lernfreude dadurch nicht wirklich gefördert wird.

  • Das Kind will tun, was es selbst will

    Für das Lernen ist regelmäßiges Üben und Trainieren in vielen Bereichen unumgänglich, denn sonst „bleibt`s nicht hängen“. Für Kleinkinder ist es oft reizvoll, das Gleiche immer und immer wieder zu wiederholen, minutenlang: Wassereimerchen füllen, leeren, füllen, leeren, füllen ... Wiederholung ist bei vielem oft die Natur des Lernens! Doch in der Schule finden Schüler am Wiederholen eher selten etwas Reizvolles.

    Tipp: Oft sieht das Kind durchaus den Sinn des Übens und Wiederholens. Suchen Sie reizvolles, originelles, vielfältiges Material, das alle Sinne und Lerntypen anspricht, zusammen. Stellen Sie dies dem Kind zur Verfügung und lassen Sie auswählen, womit es sich beschäftigen will.

  • Wenn sich das Kind wohlfühlt, lernt es am besten

    Unsicherheit, Ärger, Krisen, Angst, überraschende Vorfälle, große Partner-probleme oder Trennung der Eltern, Krankheit, Tod ... lenken das Kind ab, es wird immer wieder daran denken: auf dem Schulweg, in der Pause, während einer beliebigen Phase in Mathe, nachts irgendwie davon träumen. Geht es uns Erwachsenen bei schweren Krisen nicht ähnlich? Schaffen wir wirklich hundert Prozent unserer Möglichkeiten? Das Lernverhalten unserer Kinder leidet eindeutig, wenn sie nicht seelisch ausgeglichen sind.

    Tipp: Das Kind muss spüren können: „Dass ich geliebt werde ist absolut sicher. Immer ist jemand bei mir und für mich da.“ Diese Tatsachen müssen deutlich hörbar und deutlich fühlbar manifestiert werden. Wenn auf Grund des Kummers Lernprobleme entstehen, machen Sie dem Kind deutlich, dass diese vorüber-gehend sind. Allmählich stellt man sich auf die neue Situation ein und man kommt besser klar. Haben Sie Verständnis für den Leistungseinbruch, aber entschuldigen Sie ihn nicht mit der Krisensituation. In einer solchen Situation kann einem etwas schwer fallen, aber ordentlich gemacht werden muss es trotzdem.

    Bei deutlich werdenden Lernproblemen unterrichten Sie auch die Lehrkräfte über die Hintergründe und gewinnen dadurch Verständnis für die Situation.

  • Jedes Kind will in der Art lernen, wie es das für reizvoll empfindet

    Jeder von uns lernt anders, wir unterscheiden uns in Lerntempo, wodurch wir lernen und die Art wie wir lernen. Wenn ein Kind gut durch Hören lernt, dann ist es ein Hörtyp, prägt es sich etwas rasch und anhaltend durch Lesen ein, ist es wohl ein Lesetyp. Merkt sich Ihr Kind etwas gut, wenn es durch Bilder vermittelt wird, ist es vermutlich ein visueller Typ. Will Ihr Kind beim Lernen gerne etwas anfassen oder ausprobieren, wird es ein motorisch-haptischer Typ sein. Normalerweise sind Kinder eher Mischtypen, allerdings oft mit unterschiedlichen Ausprägungen.

    Tipp: Stellen Sie fest, welcher Lerntyp Ihr Kind ist und stellen Sie ihm entsprechendes Material zum Lernen zur Verfügung. Zeigen Sie dabei mit dem Arbeitstempo Ihres Kindes Geduld, auch wenn Sie dies als zu lang empfinden. Wichtig ist, dass das Kind vorwärts kommt, dass es besser wird als es zuvor war.

  • Lernende Kinder brauchen sofortige Rückmeldung

    Während des gesamten Lernprozesses brauchen Kinder immer wieder Rück-meldung über das Gelungene. Sie müssen spüren, dass sie der Anforderung gewachsen sind und so Selbstvertrauen für die nächsten Schritte im Lernprozess erlangen.

    Tipp: Geben Sie rasche Rückmeldung, dass das Kind beim Lernen auf dem richtigen Weg ist. Das gibt ihm eine besonders gut motivierende Orientierung und begünstigt das Lernen.
FAZIT

Erfolgreiches Lernen gelingt dann, wenn die Eltern es auch zu Hause schaffen, ein motivierendes und von Freude geprägtes Lernumfeld zu schaffen, in dem Kinder eigenverantwortlich Lernen können. Erkennen die Schüler den Sinn ihres Lernens und erhalten sie stets eine direkte ermutigende Rückmeldung zu ihren Leistungen, kann die natürliche Lernfreude erhalten werden.

Der Autor

Peter Veith ist Werkrealschullehrer, individualpsychologischer Berater (DGIP) und Beratungslehrer. Seine Schwerpunkte sind Gewaltprävention, Streitschlichtung sowie Förderung von Kindern mit ADS, LRS, Dyskalkulie und Verhaltensproblemen.

Literatur

VEITH, PETER: Mit Kindern richtig üben, Braunschweig 2010