
Gerade in Zeiten des immer stärkeren Fachkräftemangels ist ein gutes Onboarding, also die strukturierte und wertschätzende Einführung neuer Azubis, kein „nice to have“ mehr. Laut dem Datenreport 2024 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wurden allein im Jahr 2022 155.300 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Das sind 29,5 % aller abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Erschreckend: Über ein Drittel der Vertragslösungen fanden bereits in der Probezeit statt.
Diese Zahlen zeigen deutlich, dass gutes Ausbilden direkt mit dem ersten Arbeitstag starten muss. Naja, eigentlich schon davor. Je früher das Onboarding startet, desto besser. Denn auch vor Ausbildungsstart werden schon geschlossene Verträge gelöst. Und diese wichtige Bindungsphase endet nicht mit dem Start der Ausbildung oder in der ersten Woche. Das richtige Ankommen zur Talentbindung ist mehr als eine Begrüßung. Es ist Beziehungsarbeit!
Die kritische Zeit zwischen Zusage und Start: Preboarding
Zwischen Vertragsunterschrift und Ausbildungsbeginn liegen oft mehrere Monate. Schon hier verlieren viele Betriebe ihre neuen Azubis wieder. Unsicherheit, fehlende Bindung oder eines der vielen Alternativangebote können dazu führen, dass eine Ausbildungsstelle mit unterschriebenem Vertrag nie angetreten wird. Unternehmen, die sich in dieser Phase nicht kümmern, begehen somit einen handfesten Fehler. Zu diesem Zeitpunkt ist es besonders wichtig, den künftigen Auszubildenden direkt mit Wertschätzung und „bindenden“ Aktionen entgegenzukommen.
Hier einige Ideen für ein erfolgreiches Preboarding:
- Kontakt aufnehmen: Senden Sie einen Willkommensgruß (gerne auch per Post).
- Kontakt halten und Orientierung geben: Geben Sie den künftigen Azubis jemanden an die Hand, der Fragen beantwortet, Vorabinformationen bereitstellt und das Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung vermittelt.
- Vorabveranstaltung(en): Treffen Sie die Azubis vor Ort. Gehen Sie in der Kantine essen, machen Sie eine kleine Einführungstour oder einen Grillabend oder laden Sie die künftigen Kolleg/-innen zum Sommerfest ein. So senken Sie die Barriere des ersten Kennenlernens.
- (Digitale) Willkommensmappe: Geben Sie den „Wartenden“ Informationen an die Hand. Eine Datei mit Informationen zum Ablauf der ersten Tage, ein Begrüßungsvideo von der Betriebs-/ Ausbildungsleitung oder (wenn vorhanden) einen Link zu einem Vorstellungsvideo des Unternehmens.
- Vorbereitung auf die Ausbildung: Erleichtern Sie Ihren Auszubildenden den Einstieg in die Ausbildung mit der entsprechenden Vorbereitung auf den Beruf. Hier bietet zum Beispiel das Digitale Ausbildungspaket von Westermann eine sehr gute Lösung. Inhalte wir Mathe auffrischen oder die Integration firmenspezifischer Materialien sind ideale Preboarding-Tools.
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So geben Sie den kommenden Auszubildenden aus Generation Z und Generation Alpha direkt das, was sie erwarten: Orientierung, Verbindlichkeit und Wertschätzung.
Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Artikel Was erwarten Jugendliche von ihrem Ausbildungsbetrieb?.
Jetzt braucht es Struktur und Atmosphäre: der Ausbildungsstart
Der erste Tag ist unglaublich wichtig. Ob sich jemand in einem neuen Umfeld willkommen fühlt oder nicht, entscheidet sich meist in den ersten Minuten. Ob jemand langfristig bleibt, wird auch in den ersten Wochen geprägt. Zu einem guten Start in die Ausbildung braucht es nicht allzu viel. Doch das muss passen:
- freundlicher Empfang mit Zeit, Ruhe und menschlichem Austausch
- ein klarer Plan, der zeigt, was in den nächsten Tagen passiert, wer die Ansprechpartner/-innen sind und welche Tätigkeiten anstehen
- ein aufgeräumter, moderner Arbeitsplatz, der zeigt, dass der Betrieb auf den Azubi vorbereitet ist, ihn braucht und wertschätzt
- und immer wieder: Wertschätzung (der Ton macht die Musik, Wertschätzung funktioniert auch mit klaren Regeln und Vorgaben)
Gekommen, um zu bleiben: Onboarding für Integration und Talententwicklung
Nun fängt die entscheidende Phase an, die Azubis langfristig zu binden und gleichzeitig optimal auf ihren Weg vorzubereiten: das Onboarding für die ersten Monate. Begleitung muss hier Sicherheit geben und intrinsische Motivation fördern, indem die Azubis sozial eingebunden werden, mitbestimmen dürfen und selbstwirksam arbeiten bzw. eigene Leistung erbringen dürfen (vgl. Selbstbestimmungstheorie nach Ryan & Deci, 1992). Ein wichtiger Aspekt ist hier auch, regelmäßig und adäquat Feedback zu geben. Lesen Sie hierzu auch den Blogartikel Feedbackkultur in der (digitalen) Ausbildung.
Und vergessen Sie nicht, dass neue Auszubildende gleichzeitig neue Kolleg/-innen sind. Begegnen Sie Ihnen möglichst auf Augenhöhe, begleiten Sie sie, statt zu kontrollieren und binden Sie sie früh in die alltägliche Arbeit mit ein – z. B. durch Teilnahme an Meetings, Dabeisein beim Frühstück auf der Baustelle etc.
Ein gutes Onboarding heißt also, dass Sie die neuen Auszubildenden Ihre Unternehmenskultur erleben lassen. Dazu gehören nicht nur die organisatorischen Aspekte, sondern auch das Gefühl, Teil des Ganzen zu sein. Ihr Umgang mit den neuen Lernenden macht den Unterschied zwischen „irgendeinem Ausbildungsbetrieb“ und einem Ort, an dem Auszubildende ankommen, lernen und wachsen können und wollen.
Ein kleines Onboarding-Fazit
Wer früh bindet, gewinnt langfristig! Die Bewerber- und die Vertragslösungszahlen sagen uns deutlich: Ein gutes Onboarding ist essenziell!
So können Motivation, Leistungsbereitschaft und nicht zuletzt Loyalität der neuen Mitarbeitenden gefördert werden. Und auch wenn wir nicht jede/-n halten können (denn manchmal passt es einfach nicht), ist Onboarding mehr als eine Pflicht. Es ist eine Chance!
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