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Die Rolle von Social Media in der Ausbildung
Lesedauer: 3 Minuten
Im Ausbildungsprozess sollten wir nicht nur Betrieb und Berufsschule betrachten. Ausbildung muss sich gleichzeitig auch immer mit den komplexen Lebenswelten junger Menschen beschäftigen. Und diese komplexen Lebenswelten wandeln sich aktuell dynamischer denn je und werden stark durch Social Media beeinflusst.
Für Ausbildungsbetriebe heißt das: „Wir müssen uns mit Social Media beschäftigen. Und das nicht nur nebenbei, sondern als strategisch wichtigen Baustein.“
Im Folgenden wird dargelegt, warum das so ist, an welchen Stellen die sozialen Medien wirken und wie Unternehmen und Ausbilder/-innen darauf regieren können.
 

1. Social Media ist eine wichtige Lebenswelt der Auszubildenden. Auch aus Sicht der Nachwuchsgewinnung.

Für die aktuellen Generationen der Ausbildungsinteressierten (Generation Z und Generation Alpha) gehören Plattformen wie Instagram, TikTok, Youtube, Snapchat und WhatsApp längst zum Alltag. Und das nicht nur bei der Freizeitgestaltung, sondern auch zur Kommunikation, zur Informationsgewinnung und zur Orientierung. Wenn wir die Aufmerksamkeit dieser jungen Zielgruppen halten wollen, ist es durchaus sinnvoll, an einigen Stellen der Logik ihrer Aufmerksamkeit, ihrer Erwartungshaltung und ihrer Mediennutzung folgen:
  • Junge Menschen schauen eher kurze Clips, erwarten visuelle Inhalte und kommunizieren multimedial.
  • Lern- und Arbeitswelten müssen sich diesen Anforderungen stellen. Zum einen in der Form, wie Inhalte dargeboten werden, zum anderen in der Form der Kommunikation.
  • Auch das Ausbildungsmarketing muss dort stattfinden, wo die potenziellen Azubis sich aufhalten, also zunehmend auch auf den Social Media Kanälen.
 
Laut einer Untersuchung des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes iconkids & youth international research GmbH aus dem Jahr 2024 [1] suchen fast 90% der Jugendlichen ihre Stellen online und fast 60% über den Kanal Instagram. Hier sind tatsächlich auch die Unternehmen schon gut aufgestellt. Andere Social Media Kanäle bedienen die Unternehmen hingegen noch nicht ausreichend. So suchen bereits fast 40% der Jugendlichen Stellen über WhatsApp, doch nur rund 20% der Unternehmen bedienen den Kanal. Über Snapchat suchen inzwischen immerhin ca. 20% der Jugendlichen, wobei gerade mal etwa 3% der Unternehmen den Kanal bedienen. Noch größer ist die Lücke bei TikTok, wo bereits über 30% der Jugendlichen suchen, aber weniger als 4% der Unternehmen den Kanal für die Azubisuche nutzen. Bis auf den Kanal Instagram sind die Unternehmen somit in den sozialen Netzwerken bei der Suche nach Auszubildenden stark unterrepräsentiert.
 
Social Media ist im Gegensatz zum „normalen Internet“ nicht nur eine Plattform zur Außendarstellung, sondern wirkt in der täglichen Lebenswelt der potenziellen Auszubildenden mit.

 
2. Kommunikation und Medienkompetenz

Wir müssen außerdem bedenken, dass Social Media auch den Stil der Kommunikation nachhaltig ändert. Die Kommunikation wird schneller, direkter und auch informeller. Das kann Missverständnisse begünstigen, gleichzeitig aber auch die Motivation fördern. Die Veränderungen in der Kommunikation müssen also bewusst und richtig genutzt werden.
Wichtig ist es, gleichzeitig die Medienkompetenz der Auszubildenden im Blick zu behalten, also Fragestellungen wie diese zu bedenken:
  • Wie lernen Azubis, zwischen Information und Meinung zu unterscheiden?
  • Welche Inhalte dürfen öffentlich geteilt werden (Datenschutz und Informationssicherheit)?
  • Wie lernen Azubis, richtig mit dem Thema Ablenkung umzugehen?
Die Entwicklung einer (sozialen) Medienkompetenz sollte gezielt adressiert und ein zentraler Bestandteil in der Ausbildung sein.


3. Die Schattenseite: Mentale Gesundheit

Social Media bietet Austausch, Kreativität, sogar Inspiration. Gleichzeitig kann die Nutzung der Plattformen auch sehr belasten. Vergleichsdruck, ständige Erreichbarkeit, die „Fear of Missing Out“ und „Doomscrolling“, also das  Feststecken in einem Sog aus schlechten Nachrichten,  wirken als belastende Stressoren. Viele Studien (z. B. Brailovskaia & Markgraf 2018 [2]) bestätigen Zusammenhänge zwischen intensiver Social Media Nutzung und erhöhter Angst- und Depressionsneigung. Ausbilder/-innen sollten das Thema ernst nehmen. Schon aus der Führsorgepflicht heraus muss reagiert werden, wenn es zu längerfristigen Auffälligkeiten kommt. Gleichzeitig sind präventive Maßnahmen wichtig. So können z. B. digitale Pausen eingeführt werden (offline-Zeit), Achtsamkeit im Umgang mit digitalen Medien thematisiert werden und Unterstützungsangebote wie Gespräche oder Workshops geschaffen werden.
 
 
Fazit: Chancen nutzen, Risiken begleiten

Social Media verändert die Ausbildung oder vielmehr die Umwelt, in der die Ausbildung stattfindet, nachhaltig und auf vielen Ebenen: von der Ansprache der potenziellen Auszubildenden, über das Lernen bis hin zur geistigen Gesundheit.
Betriebe und Bildungspersonal, die diese Dynamik verstehen, können sie gezielt für Kommunikation, Recruiting und Lernbegleitung nutzen.
Die sozialen Medien gehören zur Lebenswelt unserer Azubis und damit auch immer mehr zu unserer Lebenswelt. Social Media ist damit Teil unserer Ausbildungspraxis. Wer kompetent, reflektiert und verantwortungsvoll mit Social Media agiert, kann nicht nur Reichweite für das Gewinnen der Azubis erhöhen, sondern auch Bindung für das Halten der Azubis.
 
[1] https://www.heise.de/news/Azubi-Suche-Firmen-und-Jugendliche-laufen-auf-Social-Media-aneinander-vorbei-9852553.html

[2] Brailovskaia J, Margraf J (2018) What does media use reveal about personality and mental health? An exploratory investigation among German students. PLoS ONE 13(1): e0191810. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0191810
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