Reichhaltig illustriert:
der "Seydlitz" ab 1880
Vor 195 Jahren erschien in Breslau ein eher unscheinbarer "Leitfaden der Geographie". Das "Elementarbuch für den Schul-Unterricht" ging 1824 als Kommissionsobjekt einer Buchhandlung an den Start. Der im Titel noch nicht genannte Verfasser hatte allein die Kosten und das Risiko zu tragen.

Erst ein Blick in die Vorrede verriet seinen Namen: Es war Ernst von Seydlitz, dessen Geburtstag sich im April dieses Jahres zum 235. Mal jährte. Er wurde der Namensgeber einer der erfolgreichsten und langlebigsten Schulbuchreihen unserer Zeit.

Von einem Bestseller konnte zunächst keine Rede sein. Erst nach 18 Jahren und einer bescheidenen zweiten Auflage zeigte der versierte Breslauer Verleger Ferdinand Hirt Interesse. Mit der Verlagsübernahme im Jahre 1842 begann die eigentliche Erfolgsgeschichte: 1880 war die erste halbe Million verkaufter Exemplare erreicht, bis zur Jahrhundertwende war eine weitere Million hinzugekommen, und noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde die dritte Million überschritten.
Den ersten Platz unter den verbreitetsten Geographiebüchern musste sich der "Seydlitz" zeitweise mit nur einem Lehrwerk teilen.

Aus dem Leitfaden wurden mehrbändige Lehrbuchreihen für die höheren Schulen. An Schultypen orientierte Ausgaben, Regionalausgaben und Zusatzmaterialien erschienen. Regelmäßige Neubearbeitungen verbunden mit erheblichen Investitionen in Layout und Illustrierung machten ihn zu einem immer wieder gelobten "zuverlässigen" Unterrichtsbegleiter von "hohem Anschauungswert".

Er war eines der ersten reichhaltig bebilderten Geographiebücher. Sein Markenzeichen wurde ab 1852 der "Seydlitz-Strich", der den Schülern in einfachster Weise auf Kartenskizzen Lage und Verlauf von Gebirgen verdeutlichte. Auch ein neuer und bis heute üblicher geographischer Schulbuchtyp begann mit dem "Seydlitz": An die Stelle weniger jahrgangsübergreifender Bände traten 1892 erstmals die Klassenbände mit dem jährlichen Unterrichtspensum.
Mit der "Zuverlässigkeit" war aber nicht nur der solide Inhalt gemeint, sondern auch sein Wiedererkennungswert durch viele Umarbeitungen hindurch. Das Motto "Keine Übereilung, sondern die Dinge ausreifen lassen!" war ein Teil seiner Erfolgsgeschichte. Die erfahrenen Bearbeiter hatten die Unterrichtspraxis und die Bedürfnisse der Geographielehrer im Blick, wenn sie den "Seydlitz" wohldosiert den Strömungen ihrer Zeit anpassten. Der "Seydlitz" wurde Teil des geographiedidaktischen Erbes in dem Maße wie die Handschrift seines Namensgebers durch die anderer Bearbeiter ersetzt wurde.
Nach nur einem Verlagswechsel im Jahre 1982 von Hirt zu Schroedel tragen heute über 30 lieferbare Ausgaben für die Sekundarstufe I und die gymnasiale Oberstufe seinen Namen. Auch ein großer Atlas ist 1984 hinzugekommen. Aus nur einem Leitfaden sind über 200 Schülerbände, Arbeitshefte, Lehrmaterialien und Themenbände geworden.