Wie es weiterging ... 1849 - 1883

Die "Schul-Geographie"
Es setzte sich das durch, was Ernst von Seydlitz "grausam" erschienen war. Der Leitfaden wandelte sich nach seinem Tod zu einem immer umfangreicheren Lehrbuch. Der Anteil vollständig ausformulierter Textbereiche wuchs beträchtlich, da den Schülern nach Willen der preußischen Schulbehörden das Mitschreiben erspart werden sollte. Der Telegrammstil blieb aber unverzichtbar, um der Stofffülle Herr zu werden. Die Lernhilfe, die das Layout von v. Seydlitz geliefert hatte, wurde zu einer Lesehilfe: Fett- oder gesperrt gedruckte Begriffe dienten der Orientierung in den Textblöcken. Die früher abgerundeten Zahlen wurden auf den Meter genau und vermehrt, das Erstellen von Übersichtstabellen vielfach den Schülern überlassen. Der topographische Stoff nahm erheblich zu. Ein gut Teil entfiel dabei auf das, was sich zum "Schrecken der Schüler", so ein Schuldirektor 1883, entwickelte: der Gebirgskunde in der Form minutiöser seitenlanger Beschreibungen der Höhengliederungen. Der Versuch, den "Seydlitz" 1857 schülerfreundlich zu kürzen, blieb ein kurzes von den Lehrern kritisch begleitetes Intermezzo. Allerdings erleichterte ab 1849 ein Register die Arbeit.

Anschauenswert

Unter der Regie des später bekannten Historiographen Professor Dr. Friedrich Wilhelm Schirrmacher (1824-1904) erhielten zwischen 1857 und 1868 größere historische Gesamtüberblicke und Zusatzinformationen einen festen Platz. Auf den höheren Schulen bildeten Geographie und Geschichte ein Doppelfach mit deutlichem Vorrang der Geschichte. Schirrmachers Bearbeitungen machten auch in anderer Hinsicht Schule. Er setzte neben Wandkarte und Atlas das Schulbuch als Anschauungsmittel. Die Zahl der einfachen Kartenskizzen mit dem "Seydlitz-Strich", die 1852 mit fünf Zeichnungen Eingang gefunden hatten, stieg bis 1868 auf 63 Stück. Seine Stoffgliederung und Textgestaltung machten jetzt eine Gesamtschau der charakteristischen Merkmale eines "Landes" möglich: Jedem Erdteil und beinahe jedem "Land" stellte er eine Gesamtdarstellung voran, die allerdings noch den üblichen schematischen Rubriken folgte. Zudem erleichterten ständige Vergleiche der Länder miteinander, so ihre Größe und ihr Klima, das Verständnis.
Schirrmacher war es auch, der die "Merkwürdigkeiten" reduzierte. Bewertende Völkerstereotype und folkloristische Details verschwanden vorerst aus dem "Seydlitz". Die Spanier "sind" - nun ganz wertfrei - "katholisch und nennen sich Castilianer", und man erfährt etwas über ihre Sprache, dagegen nichts mehr über Fandango und Stierkampf. Ab 1865 erschien der "Seydlitz" in zwei, ab 1876 in drei Bänden als "Grundzüge der Geographie", "Kleine" und "Größere Schul-Geographie", auch als Ausgaben A, B und C bezeichnet. Schirrmachers "Seydlitz", ab 1870 von Oberlehrer Hermann Simon aus Breslau betreut, erhielt 1880 einen Bilderanhang von typischen Landschaften und Gesteinsformationen.
Aufwändiges Bildmaterial wird Standard: Ostindische Landschaft im "Seydlitz" von 1881.


Der Seydlitz-Strich auf der Karte von Spanien kombiniert mit einem Schema für die "Wichtigkeit der Wasserscheide", Ausgabe von 1857

Hauptformen der Erdoberfläche in der Ausgabe von 1881